Mieterhöhung

Taugliche Erkenntnisquellen des Gerichts?

Wenn‘s ums Geld geht … Verlangt ein Vermieter vom Mieter die Zustimmung zu einer begehrten Mieterhöhung zum Beispiel auf der Grundlage eines Mietspiegels, dann wird häufig erbittert darüber gestritten. 

Der einzige Ausweg, den das Gesetz in diesen Fällen zur Verfügung stellt, ist die Zustimmungsklage des Vermieters. Dann muss das Gericht entscheiden, ob die begehrte Mieterhöhung rechtmäßig ist und demzufolge das Mieterhöhungsverlangen wirksam war.

So auch der BGH als Revisionsinstanz in diesem Fall:

Vermieter V verlangt gestützt auf einen Mietspiegel die Zustimmung zu einer begehrten Mieterhöhung. Mieter M schüttelt den Kopf. V klagt. Der Amtsrichter holt ein Sachverständigengutachten ein, auf dass er sein Urteil stützt. Der Sachverständige wiederum gründet seine Erkenntnisse auf den fraglichen Mietspiegel und zieht Vergleichsmieten heran, um die ermittelten Werte auf Plausibilität zu überprüfen. Das mit der Berufung befasste Landgericht bestätigt dieses Vorgehen und gesteht dem Tatrichter sogar zu, dass die ortsübliche Vergleichsmiete auf der Grundlage einer Schätzung getroffen werden kann (§ 287 ZPO). Hierfür sei das eingeholte Sachverständigengutachten, das sich im Übrigen auch auf den Mietspiegel stütze, völlig ausreichend. In der Revision sieht das auch der BGH so (BGH, Beschluss vom 24. 1. 2023 - VIII ZR 223/21, EMR 2023, 393). 

Seine Begründung:

Das Sachverständigengutachten stelle keine eigene über den Mietspiegel hinausgehende zusätzliche Erkenntnisquelle dar, sondern verwerte den Mietspiegel. Deshalb beruhe die Überzeugung des urteilenden Gerichts letztendlich auch mit auf den Mietspiegel (§ 286 ZPO). Stütze sich ein Sachverständigengutachten zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete auf einen Mietspiegel, gegen den keine Bedenken bestehen, so sei die Verwertung des Sachverständigengutachtens als Entscheidungsgrundlage zulässig. Aufgrund dieser Verzahnung sei ein „Nebeneinander“ von Mietspiegel und Sachverständigengutachten nicht anzunehmen.

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Nachzutragen ist in Zeiten dynamischer Inflationsentwicklung:

Der Tatrichter darf zu den geprüften und danach als stimmig ermittelten Mietwerten eines Mietspiegels auch einen sogenannten „Stichtagszuschlag“ aufschlagen. Er darf also die Inflationsentwicklung als Zuschlag hinzurechnen (AG München, Urteil vom 29.11.2023 - 416 C 18778/23, IMR 2024, 99; ebenso schon: BGH, Urteil vom 15.3.2017 - NZM 2017, 321 = NJW 2017, 2679). Auszugehen ist dabei vom Stichtag der Erhebung für den geltenden Mietspiegel bis zum Zeitpunkt des Mieterhöhungsverlangens (AG München, a. a. O.).

Wie gesagt, der entscheidende Richter darf dies im Rechtsstreit so handhaben, der Vermieter im konkreten Mieterhöhungsverlangen aber nicht. Er darf also wegen des Alters eines Mietspiegels keinen Zuschlag zu den Werten des Mietspiegels schon im Erhöhungsverlangen hinzurechnen (OLG Stuttgart, Rechtsentscheid in Mietsachen vom 2. Februar 1982 – 8 REMiet 4/81, NJW 1982, 945; OLG Hamburg, Rechtsentscheid in Mietsachen vom 12. November 1982 – 4 U 174/82, NJW 1983, 1803, 1805; LG München II, Urteil vom 13. Oktober 1998 – 12 S 3258/98, WuM 1998, 726; Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Kommentar zu Mietrecht, 16. Aufl. 2024, §§ 558 c, 558 d BGB Rn. 72 auch innerhalb eines Sachverständigengutachtens ist dieses Verfahren nicht zulässig (OLG Frankfurt/Main, WoM 1985, 216; Börstinghaus, a. a. O.). Der Grund: Ein solches Vorgehen würde dem Sinn und Zweck einer Begründung des Mieterhöhungsverlangens widersprechen. Denn danach sollen dem Mieter möglichst objektive Informationen zur Verfügung gestellt werden und nicht etwa eine Einschätzung des Vermieters.

Natürlich bleibt es im Rechtsstreit unbenommen, auf die Möglichkeit eines Stichtagzuschlags durch den erkennenden Richter hinzuweisen. Das bedeutet dann aber nicht, dass im Zustimmungsurteil ein höherer Mietwert steht. Denn das eingeklagte Mieterhöhungsverlangen bezieht sich eben nur auf den Mietspiegelwert ohne Stichtagszuschlag, was dem Vermieter ja wie gesagt auch verboten ist. Der verlangte erhöhte Mietwert wird durch einen zusätzlich denkbaren Rechenschritt, der ausdrücklich dem erkennenden Gericht vorbehalten bleibt, argumentativ nur starker abgesichert.

Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen