Schimmelbildung

Schadensersatz wegen Schimmelschadens

Der jetzt gesetzlich initiierte Heizungsumtausch sowie die politisch gewünschte energetische Optimierung des Immobilienbestandes werden dem in der Überschrift dieses Artikels angerissenen Thema „Ausgleich eingetretener Schimmelschäden“ mit absoluter Sicherheit eine noch größere Aktualität verleihen. In der Praxis ist das Thema schon jetzt hoch bedeutsam.

Dazu der folgende Fall, in dem es um den Ausgleich eingetretener Schimmelschäden am Mobiliar des Mieters geht:

Nach Vertragsende verlangt Mieter M von seinem ehemaligen Vermieter V die geleistete Kaution sowie Schadensersatz wegen eingetretener Schimmelschäden an seiner Einbauküche. Während der Mietzeit kam es in der genutzten Wohnung zur Schimmelbildung. M lässt ein selbstständiges Beweisverfahren durchführen, mit dem der aufgetretene Schimmel und dessen Ursachen dokumentiert werden. Im Hauptsacheverfahren trägt er vor, die Schimmelbildungen seien baulich bedingt und hätten seine Einbauküche beschädigt. Für die Neuanschaffung der Küche seien 4000 € aufzubringen. Der verklagte Vermieter V bestreitet dies; der aufgetretene Schimmel sei nicht baulich bedingt. Erstinstanzlich wird der Klage auf Rückzahlung der Kaution stattgegeben, hinsichtlich des verlangten Schadensersatzes aber abgewiesen mit der Begründung, die Mieträume seien nicht mangelhaft gewesen. Die Berufungsinstanz (LG Hanau, Hinweisbeschluss vom 2.3.2023 - 2 S 106/22, FD-MietR 2023, 820239) sieht dies genauso.

Die Begründung

Die Zuerkennung von Schadensersatz für die Einbauküche wegen eingetretener Schimmelschäden setze voraus, dass die genutzte Wohnung mangelhaft gewesen sei (§§ 536 a Abs. 1, 536 Abs. 1 BGB). Von einem Mangel könne nur ausgegangen werden, wenn der tatsächliche Zustand der Wohnung (Ist-Zustand) von dem vertraglich geschuldeten Zustand (Soll-Beschaffenheit) negativ abweiche. Gebe es zum baulichen Zustand keine expliziten vertraglichen Vereinbarungen (dazu BGH, Urteil vom 18.12.2013 - XII ZR 80/12, NJW 2014, 685), so müsse der vertraglich geschuldete bauliche Zustand mithilfe von Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) sowie der Verkehrsanschauung ermittelt werden (ebenso: BGH, Urteil vom 10.5.2006 - XII ZR 23/04, NZM 2006, 582). Abzustellen sei dann auf den Maßstab, der bei Errichtung des Gebäudes gegolten habe (ebenso schon: BGH, Urteil vom 5.6.2013 - VIII ZR 287/12, NJW 2013, 2417).
Der Mieter könne dann nur einen baulichen Zustand des Mietobjekts erwarten, der der üblichen Ausstattung vergleichbarer Mieträume entspreche, die ebenfalls zum Zeitpunkt der Errichtung der Immobilie erbaut wurden. Modernere - schärfere Anforderungen spielten dann keine Rolle.

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Einbau neuer Fenster unerheblich

An dieser Sichtweise ändere sich auch nichts, wenn bereits vor Abschluss des Mietvertrags neue dicht schließende Fenster eingebaut worden seien, und der Vermieter den Mieter nicht auf die dadurch gegebene Notwendigkeit eines erhöhten Lüftungsverhaltens hingewiesen habe. Ein solcher Hinweis sei nur dann notwendig, wenn die Fenster während des Mietverhältnisses ausgetauscht und durch dicht schließende Fenster mit einem höheren Wärmedämmwert ersetzt würden. Hier aber seien die Fenster bereits 1988 getauscht worden, wohingegen das Mietverhältnis erst Mitte 2018 abgeschlossen worden sei. Auch könne die DIN 1946-6 (Lüftungskonzept) für die Beurteilung der Mieträume als mangelhaft oder mangelfrei schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil sie erst 2009 und damit nach der Errichtung des Gebäudes in Kraft getreten sei. Vorher hätte es keine entsprechenden DIN-Vorgaben gegeben. Der Einbau neuer Fenster stelle auch keine umfassende Sanierung dar, die einem Neubau gleiche und deshalb zu einer höheren Einstufung des Gebäudes in eine jüngere Altersklasse führen müsste, für die dann neuere technische Vorgaben anzuwenden seien.

Fazit des Gerichts

Aus alledem folgt nach der Auffassung des LG Hanau: Bestehen in den Außenwänden einer Mietwohnung Wärmebrücken und kommt es deshalb bei unzureichender Lüftung und Heizung zu einer Bildung von Schimmel, so ist die Mietsache dennoch nicht mangelhaft, wenn der gesehene Zustand mit den Bauvorschriften und technischen Normen in Einklang steht, die bei Errichtung des Gebäudes gegolten haben und wenn Mieter und Vermieter als Vertragsparteien den geschuldeten baulichen Zustand (Soll-Beschaffenheit) nicht ausdrücklich anders geregelt haben (ebenso die ständige Rechtsprechung: BGH, Urteil vom 21.9.2009 - VIII ZR 300/08, NJW 2010, 1133; BGH, Urteil vom 1.6.2012 - V ZR 195/11, NJW 2012, 2725; BGH, Urteil vom 5.6.2013 - VIII ZR 287/12, NJW 2013, 2417; BGH, Urteil vom 18.12.2013 - XII ZR 80/12, NJW 2014, 685 BGH, Urteil vom 5.12.2018 - VIII ZR 67/18, BeckRS 2018, 33913 = FD-MietR 2019, 413407).

Nachtrag

Die Entscheidung leitet sehr schön die Einstufung einer Mietwohnung als nicht mangelhaft trotz eingetretenen Schimmelbefalls her. Auf erste Sicht mag dies verblüffen. Sie lässt aber unberücksichtigt, dass der Vermieter unabhängig von der Einordnung des geschuldeten vertragsgemäßen Bauzustandes als mangelhaft oder mangelfrei immer einen zeitgemäßen Mindeststandard erwarten darf (vergleiche zur Elektrizitätsversorgung: BGH, Urteil vom 10.2.2010 - VIII ZR 343/08, BeckRS 2010, 6079). Dieser Mindeststandard muss sich dann natürlich auch auf ein gesundheitlich unbedenkliches Wohnen beziehen, was bei aufgetretenem Schimmel im Falle einer erwiesenen Gesundheitsgefahr oder erlittenen Beeinträchtigung bei nachgewiesenem Ursachenzusammenhang zu beachten ist. Da es hier aber nicht um den Ausgleich von Gesundheitsschäden, sondern um Ersatz eines Sachschadens geht, müssen Eignung in der Wohnung zum gesundheitlich unbedenklichen Wohnen nicht weiter vertieft werden.

Unabhängig von den hier beantworteten Fragen zum Schadensersatz bei Schimmelschäden bestehen Nachbesserungsansprüche des Mieters im Hinblick auf den Bauzustand der Mieträume auch ohne konkrete Vereinbarungen zum Bauzustand im Mietvertrag ausnahmsweise, wenn sich nach Vertragsschluss auf der Grundlage besserer Erkenntnisse durch den Wohnungszustand die Gefahr von Gesundheitsschäden zeigt und entsprechende Untersuchungen veröffentlicht worden sind (BVerfG, 4.8.1998 - 1 BvR 1711/94; näher Lames, NZM 2007, 465ff. m.w.N.), und wenn der Wohnungszustand unter einen Minimalstandard „zeitgemäßen Wohnens“ absinkt (BGH, 26.7.2004 - VIII ZR 281/03 betr. ausreichende Stromversorgung für gleichzeitigen Betrieb mind. 2 hausüblicher Geräte <größeres und kleineres> und Steckdose im Bad; BGH, Urteil vom 10.2.2010 – VIII ZR 343/08; 17.12.2014 – VIII ZR 88/13) ; schließlich bei erheblichen Eingriffen in die Gebäudesubstanz, die einem Neubau oder einer grundlegenden Gebäudeveränderung entsprechen (BGH, 5.6.2013 – VIII ZR 287/12; 17.6.2009 - VIII ZR 131/08; 6.10.2004 - VIII ZR 355/03; so auch im WEG: vgl. zuletzt: BGH, Urt. v. 16.3.2018 - V ZR 276/16; Urt. v. 6.7.2018 - V ZR 221/17).

Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen