Haus- und Grundbesitzerverein
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Mieterhöhungsverlangen

Begründung mit Grundstücksmarktbericht reicht!

Im Wohnungsmietrecht müssen Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete im Einzelnen begründet werden. § 558 a Abs. 2 BGB nennt dazu Beispiele (Mietspiegel, Sachverständigengutachten, Mietdatenbank, 3 Vergleichswohnungen). 

Allerdings ist diese Aufzählung nicht abschließend zu verstehen, sondern nur beispielhaft (vgl. den Wortlaut „Insbesondere“). Die Mieterhöhung kann also auf weitere objektiv und nicht nur interessengerecht generierte Begründungsmittel gestützt werden, solange sie die begehrte Mieterhöhung für den Mieter nachvollziehbar und kontrollierbar machen (Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl. 2019, § 558 a BGB Rn. 152). 

Das LG Bückeburg (Beschluss vom 13.10.2022 - 1 S 5/22, IMR 2023, 262) hat jetzt auch die Bezugnahme auf einen Grundstückmarktbericht der Gemeinde als Begründungsmittel für ein Mieterhöhungsverlangen ausreichen lassen. Denn dieser Bericht sei mit einem einfachen Mietspiegel vergleichbar. Notwendig sei es nicht, so das Gericht, dass ein Mieter die Daten des Begründungsmittels überprüfen könne, wenn durch den Verfasser, etwa einen kommunalen Gutachterausschuss nach § 192 BauGB, die Richtigkeit der Angaben gewährleistet sei. 

Zu diesem Ergebnis kam das Gericht im Falle einer vermieterseits erhobenen Klage auf Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen, nachdem 23 Jahre lang die Miete überhaupt nicht erhöht worden war. Der Mieter hatte sich auf den Standpunkt gestellt, der Grundstücksmarktbericht des kommunalen Gutachterausschusses für Grundstücksbewertung sei kein ordnungsgemäßes Begründungsmittel. Die Klage sei deswegen bereits unzulässig; ihre „Begründetheit“ könne deshalb erst gar nicht geprüft werden. Das LG Bückeburg sah das anders. Das Mieterhöhungsverlangen sei nicht nur formell ordnungsgemäß begründet, sondern die Bezugnahme auf den Grundstücksmarktbericht ebenso gesetzeskonform. 

Die Auswirkungen der Entscheidung in der Praxis: 

Insgesamt sehen wir eine sehr bemerkenswerte Entscheidung von hoher praktischer Relevanz. Denn nach Einführung der gesetzlichen Mietspiegelpflicht in Gemeinden mit 50.000 Einwohnern und mehr zum 1. Juli 2022 ist vielerorts zu beobachten, dass die Mietpreise häufig - bisweilen wohl auch bewusst unter dem marktüblichen Niveau gerechnet - eingestellt werden. Weichen also die ausgewiesenen Mietpreise im einschlägigen kommunalen Grundstücksmarktbericht gegenüber diesen Mietspiegeln nach oben ab, kann man sich nun auf dieses Begründungsmittel stützen. Für qualifizierte Mietspiegel ist allerdings auf deren Existenz sowie auf die dort ausgewiesenen abweichenden Werte im eigenen Mieterhöhungsverlangen hinzuweisen (§ 558 a Abs. 3 BGB). Für einfache Mietspiegel gilt diese Vorschrift nicht. 

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Nachzutragen ist: 

Bislang wurden Auskünfte oder Bekanntmachungen einer Gemeinde als Begründungsmittel mangels Überprüfbarkeit abgelehnt (Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Kommentar zu Mietrecht, 14. Aufl. 2019, § 558 a BGB Rn. 152) , ebenso im Ergebnis Mieten aus Sammlungen des Gutachterausschusses für Grundstücksbewertung. Dazu die Begründung: Gemäß §§ 558 a Abs. 2 Nr. 2, 558 e BGB kann das Zustimmungsverlangen auch mit Werten aus einer Mietdatenbank begründet werden. „Eine Mietdatenbank ist eine zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete fortlaufend geführte Sammlung von Mieten, die von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam geführt oder anerkannt wird und aus der Auskünfte gegeben werden, die für einzelne Wohnungen einen Schluss auf die ortsübliche Vergleichsmiete zulassen.“ (§ 558 e BGB). Mietwerte, die der Gutachterausschuss für Grundstücksbewertung gesammelt hat, dienen zur Ermittlung des Ertragswerts innerhalb von Verkehrswertgutachten, der Hauptaufgabe des Gutachterausschusses (§ 193 BauGB), jedoch nicht zur Fortschreibung der ortsüblichen Vergleichsmiete als Begründungsmittel für Mieterhöhungsverlangen. Derartige Miet- und Pachtwertsammlungen füllen deshalb den Begriff der Mietdatenbank nicht aus, woraus bislang der Schluss gezogen wurde, dass es sich bei einem Grundstücksmarktbericht deshalb um kein taugliches Begründungsmittel handelt (Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Kommentar zum Mietrecht, 14. Aufl. 2019, § 558 e BGB Rn. 19 - Aussagen beziehen sich insgesamt auf Datensammlungen wie Wohngeldstatistiken, Daten von Maklerverbänden, Daten der Finanzämter oder der kommunalen Gutachterausschüsse). Dies sieht das LG Bückeburg nun anders (Beschluss vom 13.10.2022 - 1 S 5/22, IMR 2023, 262; ebenso bereits für Angaben des örtlichen Gutachterausschusses: LG München II, Urteil vom 11. Mai 1993 – 2 S 164/93, ZMR 1994, 22 und Drasdo, NJW-Spezial 2020, 97).

Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover/Solingen