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Sanierung historischer Gebäude

Solardach contra Denkmalschutz

Im Zuge der energetischen Gebäudesanierung ist der Einsatz erneuerbarer regenerativer und sauberer Energien ausdrücklich erwünscht, im Rahmen einer landeseigenen Solardachpflicht sogar verlangt. Doch was gilt, wenn Solarmodule auf dem Dach eines Hauses nicht zu seinem historischen Stil passen? Was ist, wenn das Haus sogar unter Denkmalschutz steht und sein Aussehen durch eine Photovoltaikanlage oder auch durch Solothermie auf dem Dach gravierend verändert würde?

Das Verwaltungsgericht Braunschweig hatte sich mit einem solchen Fall zu befassen (VG Braunschweig, Urteil vom 25.6.2025 - 2 A 21/23, veröffentlicht im Legal Tribune Online vom 26.6.2025):

In der Altstadt Goslars wollten zwei Hauseigentümer eine Photovoltaikanlage auf dem Dach ihres Privathauses errichten. Beide Häuser sind denkmalgeschützt und zählen als Teil der Altstadt zum Weltkulturerbe, anerkannt durch die UNESCO. Die behördliche Genehmigung wurde verweigert, die Hauseigentümer klagten vor dem Verwaltungsgericht.

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Solaranlage zerstört Gesamterscheinug der "historischen Dachlandschaft"

In seinen Urteilsgründen stellt das VG Braunschweig klar, dass Behörden nach den einschlägigen Bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen derartige Anlagen auch auf denkmalgeschützten Gebäuden genehmigen müssten (hier: § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 2. Niedersächsisches Denkmalschutzgesetz; vgl. ergänzend: Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur: Errichtung von Anlagen zur Genehmigung von erneuerbaren Energien auf oder in der Umgebung von Kulturdenkmalen - Runderlass vom 15.8.2024 - 34-57701/A -, Nds. MinBl. 2024 Nr. 359). 

Der Nutzung erneuerbarer Energien gebühre Vorrang (vgl. zur Frage des Vorrangs von Klimaschutz vor dem Denkmalschutz ebenso § 2 EEG sowie aus der Rechtsprechung: OVG Koblenz, Urteil vom 15.8.2024 - 1 A 10604/23, FD-MietR 2024, 818002 - Solarzaun trotz Denkmalschutz zulässig - und Vorinstanz VG Koblenz, Urteil vom 5.6.2023 - 1 K 922/22.KO, jeweils juris;; ebenso für den Vorrang erneuerbarer Energien: VG Berlin, Urteil vom 9. September 2010 – 16 K 26.10 –, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 8. Juni 2023 – 1 ME 15/23, NVwZ 2023, 1017 - denkmalrechtliche Anforderungen an Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien- Rückbau einer Photovoltaikanlage auf dem Dach eines Baudenkmals, Vorinstanz VG Braunschweig, BeckRS 2023, 2214; OVG Magdeburg, Beschluss vom 7. März 2024 – 2 M 70/23, NVwZ 2022, 157, juris - denkmalschutzrechtliche Genehmigung einer Solarthermieanlage,; für den Vorrang des Denkmalschutzes: VG Gießen, Urteil vom 12.5.2010 - 8 K 4071/08; VG Düsseldorf, Urteil vom 6. 20.10.2009 - 25 K 1972/09; VG Ansbach, Urteil vom 8.4.2009 – AN 3 K 08. 00981; OVG Lüneburg, Urteil vom 3.5.2006 - 1 LB 16/05 VG Braunschweig, Urteil vom 25.4.2006 - 2 A 180/05).

Anderes gelte allerdings bei besonders wertvollen Denkmälern, die durch die Realisierung der begehrten Anlage besonders schwerwiegenden Eingriffen ausgesetzt seien, so das VG Braunschweig in seinem aktuellen Urteil. Das nimmt das Gericht hier aufgrund der bestehenden Gebäudeeigenschaft als Teil des UNESCO Weltkulturerbes an. Einerseits seien diese Gebäude deshalb besonders schutzbedürftig, andererseits liege in der Installation der Anlage auch ein besonders schwerer Eingriff in das Baudenkmal vor. Denn die Gesamterscheinung der zusammenhängenden historischen Bebauung, die hier den Denkmalwert entscheidend präge, werde durch die Installation der PV-Anlage erheblich gestört. Die Installation auf den Hausdächern sei aus dem öffentlichen Straßenraum heraus wahrnehmbar. Durch die vorgesehene dunkle Farbe hebe sich die PV-Anlage außerdem deutlich von der Dachfläche ab. Schließlich komme es im Falle einer Genehmigung zu einer Präzedenzfallwirkung; denn dann müsste auch in weiteren Fällen eine begehrte PV-Anlage genehmigt werden, was die „historische Dachlandschaft der Altstadt“ weitgehend verändern würde.

Nachzutragen ist:

Die Entscheidung darf nicht dahin missverstanden werden, dass nur im Falle eines von der UNESCO anerkannten Weltkulturerbes Solardächer nicht infrage kommen. Denn bei deutlich wahrnehmbaren baulichen oder optischen Eingriffen in „besonders wertvolle Denkmäler“ seien Genehmigungen für bauliche Veränderungen ebenfalls zu versagen. Das ist natürlich Wertungsfrage im Einzelfall.

Hinzuweisen ist auch auf eine in der Rechtsprechung vertretene deutlich strengere Auffassung, nach der bauliche Veränderungen bei denkmalgeschützten Gebäuden auch dann nicht genehmigt werden, wenn sie so versteckt platziert sind, dass sie von Passanten nicht gesehen werden können (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. März 2020 – 1 S 29/19 –, juris). Der betroffene Gebäudeeigentümer tut deshalb gut daran, in jedem Fall frühzeitig Austausch mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde mit dem Ziel einer schriftlichen verwaltungsrechtlich bindenden Zusage begehrter Baumaßnahmen aus denkmalschutzrechtlicher Sicht oder aus dem Blickpunkt der Baukultur zu suchen.

Den umgekehrten Fall einer gesetzlich gebotenen und deshalb behördlich verlangten energetischen Sanierung durch Heizungstausch greift § 105 GEG auf. Die Vorschrift lautet wie folgt:

§ 105 Baudenkmäler und sonstige besonders erhaltenswerte Bausubstanz

Soweit bei einem Baudenkmal, bei auf Grund von Vorschriften des Bundes- oder Landesrechts besonders geschützter Bausubstanz oder bei sonstiger besonders erhaltenswerter Bausubstanz die Erfüllung der Anforderungen dieses Gesetzes die Substanz oder das Erscheinungsbild beeinträchtigt oder andere Maßnahmen zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand führen, kann von den Anforderungen dieses Gesetzes abgewichen werden.

Als Eigentümer eines denkmalgeschützten Gebäudes sitzt man mit dieser „Kann-Bestimmung“ deutlich „zwischen den Stühlen“ der Baubehörde, die zum Beispiel aufgrund einer Schornsteinfegerinitiative eine energetische Sanierung durch Heizungstausch verlangt, und der Denkmalschutzbehörde, die durch verteuernde Auflagen oder sogar Verbote ein solches Vorhaben erschwert.

Und schließlich:

Was für den Denkmalschutz gilt, passt nicht unbedingt auf den Naturschutz. Was ist, wenn geschützte Bäume geplante Solaranlagen verschalten? Dann kann man sie nicht oder nur sehr eingeschränkt betreiben. Denn wie beim Klimaschutz geht es auch beim Baumschutz um den Schutz der Natur. Deshalb kommt der Solaranlage nicht automatisch Vorrang gegenüber dem Baumschutz zu (VG Düsseldorf, Urteil vom 27.12.2023 - 9 K 7173/22) Der Einsatz von Solarenergie ist wichtig für die Umwelt, werden dadurch doch die Ozonbelastung und der CO2-Ausstoß verringert. Vor allem erzielt man einen sparsamen Umgang mit vorhandenen Energieressourcen. Genauso wichtig ist aber die Erhaltung von Bäumen, die unter Schutz gestellt werden.

Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen

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