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Wohnungseigentum
Zoff um Klimaanlage
Bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, dürfen nicht beschlossen und gestattet werden; sie können auch nicht verlangt werden (§ 20 Abs. 4 WEG).
Daraus folgt, dass ein gefasster Gestattungsbeschluss zur Ausführung einer einfachen baulichen Veränderung mit der Folge seiner Anfechtungsmöglichkeit dann rechtswidrig ist, wenn dadurch
- die Wohnanlage grundlegend umgestaltet (zur grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage BGH, Urteil vom 11.10.2024 - V ZR 22/24, NZM 2025, 52; BGH, Urteil vom 9.2.2024 - V ZR 244/22, NJW 2024, 1030 Rn. 44 = NZM 2024, 241) wird, oder
- ein einzelner Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis anderen gegenüber unbillig benachteiligt wird (BGH, Urteil vom 9.2.2024 - V ZR 244/22, NJW 2024, 1030 Rn. 44 = NZM 2024, 241; BGH, Urteil vom 23.5.2025 - V ZR 128/24, juris).
Dazu nun unser Fall, gleich mehrfach vom BGH entschieden:
Die Wohnungseigentümerversammlung gestattet Eigentümer E die Montage eines Klimasplitgeräts auf dem Balkon durch Beschluss. Sein Unterlieger U fühlt sich dadurch gestört. In die Bausubstanz werde eingegriffen, die Wohnanlage optisch umgestaltet. Der Betrieb des Klimasplittgeräts verursache Geräusch- und Kondenswasseremissionen. Die zu erwartenden störenden Betriebsgeräusche eines eingebauten Klimasplitgerätes raubten insbesondere des Nachts den Mitbewohnern den Schlaf. E ficht mit diesen Argumenten den gefassten Beschluss an (§§ 20 Abs. 4, 18, 19 WEG) und macht zusätzlich nachbarrechtliche Abwehransprüche geltend (§ 1004 BGB). Das Amtsgericht lässt ihn abblitzen, das Landgericht gibt ihm recht (LG Frankfurt/Main, Urteil vom 6.6.2024 - 2-13 S 48/23, WuM 2024, 421).
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Der BGH bewertet den angefochtenen Gestattungsbeschlusses zur Montage eines Klimasplitgeräts wie folgt (BGH, Urteil vom 28.03.2025 - V ZR 105/24, BeckRS 2025, 8081; BGH, Urteil vom 23.5.2025 - V ZR 128/24, juris Rn. 8):
- Im Falle eines erlaubten Klimasplitgeräts sind für die Beurteilung einer unbilligen Benachteiligung eines Wohnungseigentümers gegenüber Anderen nur die unmittelbar mit der baulichen Veränderung verbundenen Auswirkungen, nicht aber Auswirkungen des späteren Gebrauchs (hier z. B. tieffrequenter Schall als befürchtetes Betriebsgeräusch) zu berücksichtigen.
- Anders kann dies nur sein, wenn es bereits bei der Gestattung für die Wohnungseigentümer auf der Hand liegt, dass der spätere Gebrauch zwangsläufig zu einer unbilligen Benachteiligung eines oder mehrerer Wohnungseigentümer führt.
- Ein einzelner sich gestört fühlender Miteigentümer sei in seiner Rechtsposition dennoch ausreichend geschützt; er könne sich gegen die Betriebsgeräusche (tieffrequenter Dauerton) zivilrechtlich mit einer eigentumsrechtlichen Abwehr- und Beseitigungsklage (§ 1004 Abs. 1 BGB, § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG) erfolgreich wehren; dies auch dann, wenn die Gemeinschaft einem einzelnen Eigentümer den Einbau eines Klimasplitgerätes gestattet habe (BGH, Urteil vom 28.03.2025 - V ZR 105/24, BeckRS 2025, 8081). Denn ein sogenannter „Gestattungsbeschluss“, ein Klimasplitgerät einzubauen, entfalte keine Sperrwirkung für zivilrechtliche Abwehr- und Beseitigungsansprüche einzelner gestörter Miteigentümer.
Mit diesen Ansätzen sei der gefasste Beschluss wirksam, so der BGH. Denn hier komme es nur auf die unmittelbaren Auswirkungen an, die mit der baulichen Veränderung verbunden seien, nicht aber auf die Auswirkungen des späteren Gebrauchs (hier: tieffrequenter Schall). Dies aber sei nicht vorgreiflich für eigene Abwehransprüche. Sie könnten unmittelbar gegenüber dem bauwilligen Eigentümer erhoben werden, wenn die Betriebsgeräusche unmittelbar in der eigenen Wohnung des Anspruchsinhabers stören. Die Gemeinschaft sei auch im Fall des hier gefassten einschränkungslosen Beschlusses nicht gehindert, später entstandene Zwistigkeiten durch einen weiteren Beschluss zu lösen, der den Betreiber der Klimaanlage zur Vermeidung von unzumutbaren Störungen seiner Mitbewohner Zeitfenster beim Betrieb vorgibt.
Nachzutragen ist:
Ein bestandskräftiger Gestattungsbeschlusses hindert nicht daran, die Nutzung der baulichen Veränderung (wieder ein gestattetes Klimsplitgerät) auf der Grundlage der für die Hausordnung eingeräumten Beschlusskompetenz (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 WEG) auch später noch zu regeln. Derartige Nutzungsregelungen müssen nicht zeitgleich mit dem Gestattungsbeschluss erfolgen (BGH, Urteil vom 23.5.2025 - V ZR 128/24, juris Rn. 9; ebenso: BGH, Urteil vom 28.3.2025 - V ZR 105/22, juris Rn. 18)
Natürlich muss der Gestattungsbeschluss hinreichend klar und verständlich formuliert sein. Dieses allgemeine Rechtsprinzip ist immer zu gewährleisten (§ 23 Abs. 2 WEG). Nicht ausreichend ist nach Auffassung des LG Frankfurt/Main (Urteil vom 6.6.2024 - 2-13 S 48/23, WuM 2024, 421) die bloße Beschreibung des Klimaspliitgeräts ohne konkrete und exakt in dB (A) bezifferte Vorgaben zur Lautstärke, die sich tagsüber und in der Nacht als Betriebsgeräusch ergeben dürfte. Je nach Lautstärke des Betriebsgeräuschs müsse der Beschluss dann auch alternativ ein nächtliches Betriebsverbot (zwischen 22:00 Uhr und 7:00 Uhr) enthalten. Wird dies nicht beachtet, entspricht der gefasste Beschluss ohne Betriebsauflagen nicht ordnungsmäßiger Verwaltung und ist ebenfalls nach Anfechtung unwirksam (LG Frankfurt/Main, Urteil vom 6.6.2024 - 2-13 S 48/23, WuM 2024, 421).
Der aufgetretene Konflikt sollte gar nicht erst entstehen. Deshalb sollte die Eigentümerversammlung vom bauwilligen Eigentümer über den Gerätetyp und dessen technische Eigenschaften und Geräuschentwicklungen beim Betrieb vorab informiert werden, sodass dies alles schon im ursprünglichen Gestattungsbeschluss berücksichtigt werden kann.
Abschließender Hinweis
Ein Klimasplitgerät besteht aus zwei Teilen: Ein Wärmetauscher, platziert innerhalb des räumlichen Bereichs der Wohnung, wird mit einem außen auf der Fassade oder am Balkon angebrachten Kompressor durch eine Kältemittelleitung und durch eine Stromversorgung verbunden. Nur der „Außenbereich“ ist an den Vorgaben von § 20 WEG - wie hier geschehen - zu messen.
Der in der Wohnung verbaute Geräteteil fällt unter § 13 Abs. 2 WEG, sofern er als fester Bestandteil mit der Bausubstanz verbunden wird. Das bedeutet: Diese Form der Montage muss nur dann nicht von der Gemeinschaft gestattet werden, wenn keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.
Wird es nicht fest mit der Bausubstanz verbunden, also mobil in der Wohnung aufgestellt, ist diese Art der Montage im Innenbereich gestattungsfrei.
Rechtsanwalt Dr. Hans Reinold Horst, Hannover / Solingen






